1. Platz: Engelbert Lasinger, “Fliegelschlog”

Nach einem Innviertler
ein Mühlviertler: Josef Kettl (links), Gewinner des Franz-Stelzhamer-Preises 2011, gratuliert seinem Nachfolger Engelbert Lasinger.

 

 

Fliegelschlog

Mittanocht! Hoagenau ban zwölftn Schlog va da Kirchnuhr is in da Stodt Nöwi aufkemma. Dicka, schwaara Nöwi, der Häusa und Strossn, Bam und Wiesn gfressn hod. Des woa genau da Moment, wo ‘s Woin und ‘s Toa, d’ Vazweiflung und d’ Aungst, oans wordn san. Und da Stodtpark hod d’ Luft aunghoidn.

A weng kraumpad, owa wüd entschlossen greift da Hauns mid da rechtn Haund üwan Kopf umi afn Hoaraunsotz seina linkn Schläfn. A weng a Zaudern nuh, a kurza Schnauffa, daun zaht er mid volla Kroft aun sein Hoarbüschl, bis d’ Kopfhaut nochgibt und mid an dumpfn Knirschen reißt. Wia waun wer Styropor ausanaundabricht. Sötsaum, owa es kimmt koa Tropfa Bluat aussa. Da Hauns weidigt en kloan Riss aus, oiwei weida, oiwei gressa, und kloppt daun sein gaunzn Hoarschopf va da linkn auf de rechte Kopfseitn umi. Da Aunfaung is gmocht. Danoch stroaft er sei gaunze Haut ob, wia ra Schlaung. Van Schädl aungfaungt, Schuitan und Hüftn weida, üwa sei bests Stückl owi za de Fiaß, bis a endlih gaunz aus seina durchsichtign Haut aussasteigt. Aussa aus seina Hülle, mid der er vierzg Joah durchs Lebm gaunga is. Er hod ihr vü obvalaungt. Af de Scherra und Krotza va de unedign Raffarein mog er goa ned denga, wia ras gegn ‘s Liacht va da oidn Latern hoit und staad betrocht’t.

Bunte Tätowierungen af Händ und Schuitan gebm a gspenstigs Büd. Se erinnern en Hauns aun die kloan Stich, de er owa domois in sein Rausch kaam gspiat hod. Sei erschts “Beckerl” am linkn Oarm, a kitschigs Herz mid an Pfei durchi, hod a fia d’ Hanni mocha lossn. Sei erschte große Liab! Hanni is van Nochboanest und genau wia er a Gschropp va an Hungaleida. Eahne Leit haum nix ghod, aussa a oide Keuschn in da Oaschicht. Eah Gspusi hod ned laung aunghoidn. Hanni hods oiwei afn Buam van gresstn Baun obgsehgn ghod. Sie woit mid ihra kindlichn Sö in d’ Owaschicht einheiratn und en riesign Vierkanter bewirtschoftn. Des hod ihr da Hauns ned gebm kinna, domois ned und späda ah ned. Se haum se aus de Augn valorn.

Vü späda haum se sih wieda troffa und a schene Zeit midanaund vabrocht. Se haum üwa God und de Wöd gredt, eahne Gedanga austauscht und laungmächtige Wunschlistn gstrickt. Owa tiaf drin hod d’ Hanni nuh oiwei va Haus und Grund tramt.

Schwaamiati foaht da Hauns in Gedanga sei Liabserklärung noch, des dunkle Herz af blossa Haut. De aundan Büda san noch und noch dazuakemma. Chinesische Buachstobm, a Schwert mid oana Schlaung rundumadum, ‘s Gsicht va an wödbekauntn Revoluzza, a dreiköpfiga Drochn und etla schiache Gfriesa ziahgn sih quer üwa seine Schuitan bis owi zan rechtn Untaoarm. De erschtn Zoacha hod nuh a Bekaunta stümpahoft einigstocha, de nextn owa scho a wüda Kundd in oana windschiefn Hittn gschossn. Es kimmt eahm a miada Grinsa aus, wia ra af sei letzts Tatoo in da Schamgegnd dengt. Des hod a sih ned freiwilli mocha lossn. Na – wirklih ned! Des is va “liawa Freind” ausn Knast und tuat heint nuh a wengerl weh, obwoih eahm hiatzt sei Haut koa Gefängnis mehr is. Körpaliche Schmerzen nimmt er nimma woah, hiatzt nimma. Nedda nuh de, de in seina Sö brennan. Ah de gaunzn kloan Einstich af Händ und sunst üwaroi, de en Hauns geisti und körperlih ruiniert haum, haum koa Mocht mehr. Grod da Gruh van letztn Schuss, va da letztn Spritzn ziahgt nuh durch sei dünne Hautschicht. Moant er wenigstns. Laungsaum, richti bedächti legt er hiazt sei Haut zaum, Finga af Finga, Schuita af Schuita, Zehan af Zehan und legts sorgfälti af a Parkbaunk. So, wia waun a s’ späda wieda brauchad.

Seine Gedanga owa san leicht, san frei. Sei Gspia saumelt sih, steigt auf und ziahgt durch d’ Nöwibaunk va da Stodt aussi ins weiße, ins leichtade Nix. Endlih hod da Hauns sei Zü gfundn. Er gspiat d’ Kroft va seina Jugendliab, noch der er sih seit seina erschtn Tätowierung so gsehnt hod. Hanni is scho vorausgaunga, grod vorher. Sie steht ban Goartn und woart af eahm. Er nimmts en Oarm, druckts zärtlih zuwa und eah Gschau waundat üwan schen Hof mid greane Wiesn, Bam und an springadn Bacherl hintan Haus. Endlih san s’ dahoam!

In da Friah hod a Sandla in Park sein Baunknochboarn gfundn, tot und scho steif. In seine tätowiertn Händ hod a en koitn Körpa va oana vawoahrlostn, owa ned schiachn Frau ghoidn. Olle zwoa haum a friedlichs Lächln en Gsicht ghod. Am nossn Bodn is eah “Bsteck”, Spritzn, Löffi und Bandl glegn.

En Hintagrund is d’ Stodt munta wordn und hod aungfaungt, kloane Tram zan vaschlinga. Doh en Schutz va da oidn Latern hod sih a Schmetterling entpuppt, hod sei Hülle obgstroaft, seine Fliegel ausbroat’t und is en neichn Tog gflogn.